Das erste Kölner „Einhorn“: Was du von DeepL über Unternehmertum lernen kannst

Hand aufs Herz: Wo schaut ihr nach, wenn ihr auf die Schnelle nach einer passablen englischen Übersetzung sucht? Ich erinnere mich noch, dass das früher meist ein Fall für das Übersetzungsbüro war, wenn du auf Nummer Sicher gehen wolltest. Heute ist es meist nur eine Frage weniger Klicks – DeepL sei Dank. Vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass das Unternehmen nun eine Milliarde Euro wert ist. Was wir uns in Sachen Unternehmertum von dem neuen „Einhorn“ abschauen können, beleuchte ich in diesem Beitrag.

Echtes Unternehmertum: Weniger Show, mehr Anpacken

DeepL – kurz für Deep Learning – gehört laut eigener Angaben zu den 100 am häufigsten aufgerufenen Websites weltweit. Das kann ich mir gut vorstellen, denn die Übersetzungen sind wirklich gut, selbst bei längeren Texten. Klar musst du nochmal drüber gehen – doch das ist kein Vergleich zu der Zeitverzögerung und dem Investment, das du noch vor einigen Jahren hattest, wenn du mal eine Pressemitteilung oder einen Vertrag auf Englisch oder in einer anderen Sprache haben wolltest. Das Tool übersetzt mit Hilfe von KI und lernt kontinuierlich dazu. Das Konzept ist nicht neu, Google Translate gibt es schon eine Weile länger – und mit über 130 verfügbaren Sprachen sind sie im Vergleich zu DeepL mit aktuell 29 auch in einer anderen Liga. Allerdings finde ich die Ergebnisse beim deutschen Tool wesentlich präziser, gerade wenn es um Fachthemen geht.

Was ich an dem Unternehmen beeindruckend finde? In erster Linie die Art und Weise, wie sie sich voll auf ihr Business fokussieren. Im Mittelpunkt stehen das Produkt und das Ziel, die Software immer weiter zu verbessern – und so die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen. Eine protzige Firmenzentrale, designt von einem Stararchitekten? Nicht nötig. Ebenso wenig ist das Unternehmen ins Silicon Valley oder in andere europäische Länder abgewandert, um Steuern oder Lohnkosten einzusparen. Die Firmenzentrale befindet sich nach wie vor im etwas in die Jahre gekommenen Maarweg-Center in Köln-Ehrenfeld.

Unscheinbar – das gilt nicht nur für den Standort, sondern auch für die Geschäftsführung. Exzentrische Auftritte eines Elon Musk liegen den Kölnern fern. Weder der CEO noch Mitarbeiter lassen sich auf Events in der Tech-Branche sehen. Selbst zu einer wichtigen Preisverleihung reiste kein Mitglied des Managements an. Geschäftsführer Jaroslaw Kutylowski lässt viele Presseanfragen unbeantwortet. In einem seiner wenigen Interviews darauf angesprochen, antwortete er, dass er für sowas keine Zeit habe. Weil sein absoluter Fokus auf der Produktentwicklung und der Arbeit am Unternehmen liegt.

Als Unternehmer bist du immer der erste Verkäufer

Da habe ich fast Freudentränen in den Augen, wenn ich sowas höre. Das ist echtes unternehmerisches Kommittent! Kutylowski hat verstanden, worum es beim langfristigen Aufbau eines Unternehmens geht. DeepL hat nur dann auf längere Sicht eine Chance am Markt, wenn es ihnen gelingt, ihren technologischen Vorsprung zu halten. DeepL gegen Google, das ist ein bisschen wie David gegen Goliath. Und es gibt in der Branche natürlich noch mehr Unternehmen, die ebenfalls auf dem Gebiet der KI arbeiten. Hier musst du kontinuierlich die Schrauben nachziehen. Du musst immer ein Ohr an deiner Zielgruppe haben. Und vor allem darfst du den Vertrieb niemals aus den Augen verlieren. Ich kann es nicht oft genug sagen: Als Unternehmer bist du immer der erste Verkäufer! Wenn du nicht mit Leidenschaft brennst, für das, was du entwickelt hast – wie sollen es dann deine Mitarbeiter tun? Und wie soll der Funke auf deine Kunden überspringen?

Natürlich ist es hart, sich von Null ein Business aufzubauen. Ich hatte mir das damals auch leichter vorgestellt. Als ich mich als Vertriebstrainer selbstständig machte, hatte ich eine grandiose Idee. Dachte ich zumindest. Ich bastelte mir ein aus heutiger Sicht gruseliges Fax-Formular am PC zusammen. Und das drückte ich jedem meiner Kunden in die Hand, als ich dort quasi auf Abschiedstour war und meinen Nachfolger einarbeitete. Ich dachte, wenn ich etwas kann, dann verkaufen. Doch das war offensichtlich eine Nummer zu frech. Kein einziger buchte mich als Trainer. Das entscheidende an dieser Geschichte: Ich habe daraus gelernt, mir den Staub von der Hose geklopft und weitergemacht. Und habe mir nach und nach einen Kundenstamm aufgebaut. Der Rest ist Geschichte.

Ein bisschen Unternehmer sein geht nicht

Doch dafür brauchst du Disziplin, Geduld und Durchhaltevermögen. Du darfst dich nicht unterkriegen lassen – und musst immer weitermachen. Auch in den Wochen oder Monaten, wo es vielleicht nicht so gut läuft und du an deine Rücklagen gehen musst, um die Miete zu zahlen und Essen im Kühlschrank zu haben. Und das ist genau der Punkt, an dem es heute bei vielen Gründern scheitert. Sie sind nicht bereit, Risiken einzugehen. Viele sind eher Angsthasen. Und sie wollen am liebsten direkt das Leben haben, dass sie in den Social Media von Möchtegern-Unternehmern vorgespielt bekommen. Sie glauben, dass es eine Abkürzung zum Erfolg gibt. Dass sie Lamborghini, Dubai, Rolex und roten Teppich bekommen, ohne sich in die Arbeit zu stürzen und ranzuklotzen. Doch genau darin liegt meiner Ansicht nach der Schlüssel zum erfolgreichen Unternehmertum.

Ich kenne da vier junge Gründer, die spiegeln für mich wider, was in den Köpfen der nachwachsenden, potenziellen Unternehmergeneration vor sich geht: Die haben eine Idee für einen speziellen Webshop. Die Idee ist gar nicht so übel. Und was machen sie? Sie bleiben alle in ihren festen Jobs und versuchen, ihren Schuppen nebenher aufzubauen. Warum? Na, um nichts zu riskieren natürlich! Ich frage sie: „Jungs, wann macht ihr denn endlich den Absprung und legt richtig los?“ Die Antwort: „Erst wenn wir genügend Kunden haben, damit das was abwirft.“

Unternehmertum: An die Spitze gelangst du nur mit Leidenschaft und Disziplin

Ganz ehrlich? Das kann doch nicht funktionieren. Und ich finde es auch nicht fair. Denn die vier Unternehmersimulanten arbeiten für ihren Arbeitgeber nur noch mit halber Kraft. Sind gedanklich und wahrscheinlich auch tatsächlich während der Arbeit oft mit ihrem Aufbau beschäftigt, während sie nach wie vor die volle Kohle kassieren. Sie wollen also schadenfrei in die Selbstständigkeit rübergleiten, sobald es sicher ist. Die eingebaute Absicherung zahlen die Arbeitgeber. Und mit dieser Einstellung wollen sie dann irgendwann selber Arbeitgeber werden? Um sich dann gegenseitig zu bescheißen und das unternehmerische Risiko vom einen zum anderen zu schieben wie eine heiße Kartoffel? Oder wie stellen die sich das vor?

Also Unternehmer sind das nicht. Die sehen ihre Gründung einfach nur als einen weiteren Job an. Und mit dieser Einstellung wird daraus nichts, ist meine Erfahrung. Kaum einer wagt mehr etwas, kaum einer hängt sich noch rein. Was Unternehmertum wirklich bedeutet, ist unserer Gesellschaft fremd geworden. DeepL ist mit Blick darauf ein echter Lichtblick. Ich wünsche mir, dass wir es gemeinsam schaffen, hier einen Mindset-Wechsel herbeizuführen und wieder ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig es ist, sich den eigenen Ideen voll und ganz zu verschreiben.

Wie seht ihr das?

Natürlich möchte ich auch nicht alle jungen Gründer über einen Kamm scheren. Ich habe auch schon Unternehmer erlebt, die voll für ihre Sachen brennen – sich jedoch schlicht und einfach im Tagesgeschäft verstricken. Wenn du auf der Stelle trittst, kann dein Produkt oder deine Dienstleistung noch so toll sein. Du musst sie auch an den Kunden bringen, musst die Zeit für Weiterentwicklung haben – und die passenden Mitarbeiter, die deine Begeisterung zumindest ein Stück weit mittragen. Oft hilft hier ein Blick von außen, um zu erkennen, wo die Zahnräder haken. Das biete ich Unternehmern in Form meiner Gipfelstürmer-Mastermind an. Wenn du Lust hast, mehr darüber zu erfahren, lass uns gerne sprechen!

Euer Martin

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