Viessmann-Deal: In der deutschen Wirtschaft herrscht längst Ausverkauf!

Seit die Energiepreise steigen, sind Wärmepumpen in aller Munde. Das neue „Heizungsgesetz“ der Bundesregierung hat den Hype nochmal angefacht. Wärmepumpen sollen in Deutschland langfristig Öl- und Gasheizungen ersetzen. Wer überlegt, sein Zuhause umzurüsten, muss sich aktuell auf lange Wartezeiten einstellen. Der Bedarf ist riesig und schon jetzt für deutsche Anbieter kaum zu stemmen. Und was macht Heizungsbauer Viessmann, Europas Marktführer bei Wärmepumpen? Das Unternehmen gab Ende April bekannt, ausgerechnet dieses lukrative Segment an den US-Konzern Carrier Global zu verkaufen – für 12 Milliarden Euro. Warum ich den Deal als Unternehmer kritisch sehe und Robert Habecks Jubel darüber nicht nachvollziehen kann? Mehr dazu in diesem Beitrag.

Viessmann: Investition in Deutschland durch Verkauf?

Unser Bundeswirtschaftsminister sieht den Deal erst mal positiv. Schließlich zeige der geplante Verkauf, dass „Klimaschutztechnologien die Technologien der Zukunft sind“, „deutsche Unternehmen viel Kapital anziehen“ und weiter leistungsfähig seien. Und weiter: „Wichtig ist, dass die Vorteile unserer Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, auch weiter dem Standort Deutschland zugutekommen“, so Robert Habeck. Eine Richtung, in die auch David Gitlin, Chef von Carrier Global, argumentiert: „Wir kommen, um in Deutschland zu investieren, um in die Belegschaft zu investieren, in Wachstum zu investieren.“

Und jetzt weiß ich auch nicht weiter. Da merkst du doch selbst als Laie sofort, dass das nicht funktionieren kann. Ein Teil der Gewinne wird unweigerlich in die USA abfließen und nicht unserer Wirtschaft zugutekommen. Auch vom Verkauf wird Deutschland nicht sonderlich profitieren, denn aufgrund weitreichender Steuerprivilegien wird auf den Erlös nur ein Steuersatz von 1,5 Prozent fällig, was ca. 180 Millionen Euro entspricht. Und wie langfristig das Investment in den Standort und die Belegschaft sein wird, wird sich zeigen. Carrier Global schließt für drei Jahre betriebsbedingte Kündigungen aus und garantiert für fünf Jahre den Erhalt wichtiger Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandorte. Vom Gefühl her glaube ich, dass nach den zugesagten Fristen sehr schnell der Transfer der Produktion in günstigere Regionen stattfinden wird. Viessmann selbst hatte bereits den Bau eines neuen Wärmepumpenwerks geplant – in Polen.

Ahnt Viessmann bereits, wohin sich der Markt entwickeln wird?

Bislang werden Wärmepumpen für den deutschen Markt hauptsächlich hierzulande produziert, wobei Hersteller und Handwerker kaum noch nachkommen auf Grund der hohen Nachfrage. Immer mehr Hersteller aus China, Japan, Südkorea und den USA drängen auf den boomenden Markt. Es ist also anzunehmen, dass der Wettbewerb härter werden wird. Wenn China erst mal die Produktion hochzieht und in den Export geht, wird es für den europäischen Markt ungemütlich werden. Die Folgen: sinkende Gewinnmargen – und damit auch ein sinkender Unternehmenswert.

Möglicherweise hatten die Verantwortlichen bei Viessmann auch noch im Hinterkopf, wie es 2008 der Photovoltaik-Branche ergangen ist. Viele deutsche Anbieter gingen damals pleite, weil der Markt plötzlich von günstigen Anlagen staatlich subventionierter chinesischer Hersteller überschwemmt wurde. Aus diesem Blickwinkel ist es nur sinnvoll, besser jetzt zu verkaufen, bevor eine solche Entwicklung einsetzt. Doch zu welchem Preis? Der Leidtragende wird meiner Ansicht nach wieder mal die deutsche Wirtschaft sein.

Ausverkauf in sämtlichen Branchen

Viessmann ist leider kein Einzelfall. In unserem Land herrscht schon lange Ausverkauf, die Mehrheit bekommt es nur nicht mit. Hier nur ein paar Beispiele: Die Aufzugsparte von Thyssen-Krupp – Gründungsjahr des Ursprungsunternehmens im Ruhrgebiet ist 1891 – wurde von einem Konsortium aus einem amerikanischen, einem britischen und einem deutschen Finanzinvestor gekauft. Der Automobilzulieferer und Leuchtenspezialist Hella, gegründet 1899 in Lippstadt, wurde vom französischen Wettbewerber Faurecia aufgekauft. Das 1929 in München gegründete Verkehrstechnikunternehmen Schaltbau liegt im Einkaufswagen des US-Finanzinvestors Carlyle.

Und es sind nicht nur alteingesessene Unternehmen, die auf der internationalen Shoppingliste stehen: Der US-Finanzinvestor Hellman & Friedman aus San Francisco hat sich im Jahr 2020 bereits den Münchner Online-Automarktplatz Autoscout24 geschnappt und hat Ende 2021 mit Wettbewerber EQT gemeinsame Sache gemacht, um sich auch den größten deutschen Online-Heimtierbedarf-Händler Zooplus zu sichern – für sage und schreibe 3,7 Milliarden Euro. Im gleichen Jahr ist der große deutsche Immobilienmakler Engels & Völkers, gegründet 1977 in Hamburg, vom englischen Finanzinvestor Permira gekauft worden. Der Kaufpreis für die 60 Prozent Anteile ist unbekannt, das Handelsblatt schätzt ihn auf 400 Millionen Euro.

Eine Rechnung der Deutschen Bundesbank hat ergeben, dass ausländische Unternehmen im Jahr 2018 mit einer Gesamtsumme von über 500 Milliarden Euro deutsche Unternehmen aufgekauft haben. Knapp 100 Milliarden entfielen dabei auf US-amerikanische Käufer. Knapp 50 Milliarden auf Großbritannien, gefolgt von den Niederlanden mit 34 Milliarden und Japan mit 33 Milliarden.

Wenn irgendwann alles „made in China“ ist …

Natürlich haben auch schon deutsche Investoren im Ausland Unternehmen übernommen. Neu sind solche Geschäfte nicht. „Das gehört zur Globalisierung dazu“, werden jetzt vielleicht einige von euch sagen. Oder: „Ist doch ein gutes Zeichen, dass ausländische Investoren Interesse an deutschen Unternehmen haben. Das zeigt doch, wie gut wir sind!“ So können wir uns die Entwicklung natürlich auch schönreden. Der Haken an der Sache: Es kommt nichts nach. Anstatt Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern, neue Fachkräfte auszubilden und Wissen im Land zu halten, wird einfach alles, was uns an Know-how geblieben ist, möglichst gewinnbringend verkauft. Die Substanz bröckelt. Und wir wundern uns dann bald, warum die Chinesen und Amerikaner uns in sämtlichen Bereichen haushoch überlegen sind, neue Märkte erschließen und Technologien entwickeln – während wir darauf warten, dass eine Wärmepumpe „made in China“ in unser Haus eingebaut wird.

Wie seht ihr das? Ich freue mich auf den Austausch mit euch in den Kommentaren!

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